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Fürstenhagen
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ehemalige Schule
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Kirche
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Naturparkverwaltung/ Wasserturm
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Backhaus
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Landwirtschaftsminister Skenlar , Frank Berka und Naturparkleiter Hager
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Brotverkauf
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Innenansicht Backhaus
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(Projektarbeit 2001 von Stephan Lindenbauer
(gekürzte Fassung)
Vorlage und Literatur: Die Chronik von Lutter/Ortsteil
Fürstenhagen
Der Ort "Indago"
(Fürstenhagen) und die Wüstungen
Das alte Fürstenhagen
Mit der Besitznahme
des Eichsfeldes durch die Franken im Jahre 531 nahmen die siegreichen Könige
oder Fürsten weite Flächen, besonders Waldungen, als Krongut in Besitz.
Königsland war auch Fürstenhagen. Das erste Fürstenhagen wird 1297 urkundlich
als Ort "Indago" (übersetzt heißt es Hagen oder Umzingelung) erwähnt.
"Fürstenhagen" ist ein den Fürsten gehörender Hagen (Umzingelung; abgegrenzte
Gemarkung; Einhegung).
Da wahrscheinlich diese 4 Herrscher (Fürsten): - der Mainzer Erzbischof, - der
Landgraf von Thüringen, - der Landgraf von Hessen und der Graf von Hennenberg
(bei Meiningen) je ein Teil des Großen Waldgebietes rings um das "Indago"
besaßen, erhielt diese Gegend später den Namen "Fürstenhagen" (Urkunde von
1539). 1675 erscheint der Ort als Fürstenhagen in den Urkunden.
Das Dorf und die Wüstungen
Fürstenhagen
Nach der urkundlichen
Ersterwähnung im Jahre 1297 hat die Siedlung nicht mehr lange bestanden. Bereits
77 Jahre später im Jahre 1374, war dieser Ort von seinen Bewohnern verlassen.
Diese haben sich in Kalteneber angesiedelt. Die Gründung des alten Fürstenhagen
fällt in die 3. Gründungsperiode, von 900-1300. Es ist die Entstehungszeit der
Orte mit der Endung "rode", "hagen", "stein" und "holz". Der verlassene Ort
Fürstenhagen lag an dem Platze, der heute "Bei der Hahnskirche" und "Unterm
Hahnsgraben" heißt, etwa 500 Meter östlich der heutigen Siedlung, an der
Landstraße nach Lutter und Kalteneber. Der Ort "Indago" mag im 14. Jahrhundert
wegen seiner ungünstigen Lage (Wassermangel) eingegangen sein. Aber man hat an
seiner Stelle oder in der Nähe einen Ort „Fürstenhagen" erbaut der 1539 das
erste mal und in den Jahren 1580, 1609, 1610, 1629, 1675, und 1676 in den
Urkunden vorkommt. 1676 wurde auch ein „Platz bei der Hahnskirche" genannt. Hier
befand sich bis 1976 ein etwa 15x30 m großes von Gestrüpp überwuchertes Unland.
An dieser Stelle befand sich die Kirche des alten Fürstenhagens. Etwa um 1910
wurden die Reste der Kirche abgetragen. 1931 waren die starken Fundamente der
Kirche noch vorhanden. Auf der Suche nach Überresten stieß Max Müller auf
Ziegelstücke die handgeformte Kopfe aufwiesen. Im Zuge der "Flurbereinigung"
durch die LPG wurde das Unland (Hahnskirche) im Jahre 1976 urbar gemacht. Durch
die Planierraupe wurden die gemauerten Fundamente der alten Kirche die eine
Stärke von 1 - 1,20 m aufwiesen aus ihrer Lage geschoben. So konnten die Ausmaße
der Bauwerkes festgestellt werden, die Länge betrug 10 m die Breite 8 m Dieser
Kirchbau wird 1374 vermutet. In dem Waldgebiet auf dem Ölberg, waren Glashütten
in Betrieb, deshalb Hüttenberg genannt. Der tiefe Graben entlang der Landstraße
nach Fürstenhagen, von der Grundbrücke bis zur ersten Kurve, dürfte durch die
Erosion eines Baches entstanden sein.
Fürstenhagen und das
jüngste Eichsfelddorf
Die Neugründung
Fürstenhagens und seine Geschichte
Der kleine am Rande des
Lengenberges gelegene Ort Fürstenhagen ist das jüngste Dorf des Eichsfeldes und
ist 490m über dem Meeresspiegel .Die Neugründung erfolgte am 20.08.1828 durch
Christoph Koch (Nagel- und Messerschmied, gebürtig aus Silbach im Sauerland
[Westfalen]) der an diesem Tag mit dem Bau des ersten Wohnhauses begann.
Christoph Koch war Handelsmann in Weidenbach (Kurhessen). Laut einer Verfügung
des Landes Hessen wurden alle Personen die nicht in Hessen geboren waren, im
Jahre 1827 des Landes verwiesen, so auch Christoph Koch. Als er eines Tages von
Mackenrode kommend, auf der östlichen Abdachung des Lengenberges Ausschau hielt,
fiel sein Blick auf ein weites Stück Land, das von Dornengestrüpp und
Steingeröll überwuchert war. Er entschloss hier ein Haus zu bauen. Der Grund und
Boden Gehörte der Gemeinde Lutter. Sein Baumaterial waren die Überreste einer
alten Scheune (Steine und Lehm aus der Umgebung). Leute aus Lutter verhinderten
den Bau indem sie nachts alles vernichteten. Auch die Gemeinde Lutter erhob
Einspruch. Ch. Koch wandte sich an die Heiligenstädter Behörden. Am 20.08.1828
erhielt er die Bauerlaubnis und konnte im Frühjahr 1829 einziehen. Das Haus
glich mehr einen überdachten Keller als einem Haus. Zu Beginn dieses
Jahrhunderts war das erste Haus in Besitz von Martin Ständer. Das Grundstück
gehört heute Witwe Rosa Rensch . Das jetzige Wohnhaus neben der Gaststätte
Gunkel wurde 1926 gebaut. Ein Teil des auf Feldsteinen gemauerten Hauses von
Christoph Koch ist noch als Schuppen und Stallung erhalten. Die gesunde
Waldluft, der herrliche Fernblick von der Höhe und die ruhige Lage lockte bald
noch mehr Siedler an. Im Jahre 1829 baute Peter Gehrt aus Wüstheuterode das 2.
Haus, dessen Sohn Melchior im Jahre 1896 die Kirche bauen ließ. 1832 errichtete
Heinrich Weske das 3. Haus. Im Jahre 1833 baute Johannes Göbel aus Mackenrode
das 4. Haus, Johannes Dietrich das 5. Haus, Peter Gehrt das 6. Haus (sein 2.
Haus) und Martin Ersterhelt , ein Schuster aus Bornhagen, das 7. Haus. 1834
baute Franz Weske aus Eichstruth das 8. Haus und Nikolas Koch das 9. Haus . Im
Jahre 1844 errichtete Johannes Anhalt das 10. Haus. Erst 1857 erbaute Peter
Dietrich und Michael Trümper das 11. Haus. Fürstenhagen gehörte zur Gemeinde
Lutter und zur Pfarrei Kalteneber. Probleme mit der Wasserversorgung gab es von
Anfang an. Der Dorfgründer Christoph Koch ist durch einen Unglücksfall zu Tode
gekommen. Er wurde in Fürstenhagen beerdigt.
Der Überlieferung nach sollen die Bauern in Fürstenhagen das umliegende Land mit
Ochsengespannen bewirtschaftet haben. Die Ackerflächen wuchsen im Laufe der
Jahrzehnte auf 65 Hekter. Bereits 1839/45 wurde das Forsthaus Lengenberg gebaut.
1897 die Schule, ein Jahr zuvor die Kirche, 1913/14 der Bahnhof, 1924 das
weithin sichtbare Haus der Familie Schneemann und 1928 die Zigarrenfabrik
gegenüber dem Bahnhof (heute Gerhard Riethmüller).
Fürstenhagen ist ein
reines Straßendorf. Da der Ort Fürstenhagen zur politischen Gemeinde Lutter
gehört und keinen eigenen Schulzen hatte, trat an dessen Stelle ein Schöppe
(Schöffe). Er wurde auf 6 Jahre gewählt. Bis zum Jahre 1924 durften die
Fürstenhagener an keiner Wahl zur Gemeindevertretung teilnehmen.
Zum 100-jahrigen Bestehens von Fürstenhagen wurde vor dem Dorf (heute
Buswendeschleife) eine Gedächtnislinde gepflanzt und eine Urkunde eingegraben.
Zu dieser Zeit hatte Fürstenhagen 179 Einwohner. Von den Auswirkungen des 2.
Weltkrieges ist der Ort weitgehend verschont geblieben, bis auf den Beschuss
durch amerikanische Panzer am 8. April 1945. Im August 1978 wurde die
150-Jahr-Feier des Ortes begangen. Lehrer Max Müller hielt die Festrede. Als
anerkannter Heimatforscher informierte er die Einwohner und zahlreichen Gäste
aus nah und fern über die geschichtliche Entwicklung „seines" Dorfes. Zu
DDR-Zeiten durften keine Neubauten in Fürstenhagen errichtet werden. Wegen der
Grenznähe sollten die kleinen Ortschaften möglichst entvölkert werden. Erst nach
der Wende, in den Jahren 1992 bis 1994, hat Bernward Kistner den ersten Neubau
nach dem 2. Weltkriege in Fürstenhagen errichtet.
Die Kirche
Das Bedürfnis der
Bewohner des jungen Dorfes Fürstenhagen, eine Kirche zu bauen, bestand schon
nach der Gründung der Siedlung im Jahre 1828. Doch Unstimmigkeiten über die
Platzwahl, die fehlende polizeiliche Bauerlaubnis und das notwendige Geld
verzögerten die Ausführung. Im Jahre 1861 wurde von Pfarrer Johannes Wilhelm
Fütterer die Schulglocke geweiht. Sie rief die Schulkinder zur Schule und die
Gemeinde zum Gottesdienst in das Schulzimmer. Als der treibende Initiator des
Kirchenbaues, der Schöffe Dietrich, das Dorf verließ, verzögerte sich der
geplante Kirchenbau immer mehr, so dass die Bewohner Fürstenhagens beschlossen,
die angefahrenen Steine zum Bau eines Dorfbackhauses zu verwenden. Doch der
Wunsch nach einer Kirche bestand weiterhin. Die kirchliche Betreuung der
Einwohner des kleinen Ortes erfolgte von Anfang an vom Pfarrer in Kalteneber. Da
fand sich endlich im Jahre 1895 ein Wohltäter, der den Bau einer Kirche
ermöglichte, der Rentner Melchior Gehrt. Er war am 19.5.1838 in Fürstenhagen
geboren und aufgewachsen.
Als Bauplatz wurde das Gelände zwischen dem Dorfanger und Friedhof gewählt. Der
Kirchenbau wurde am 18.08.1896 in Angriff genommen. Am 27.08.1896 war die
feierliche Grundsteinlegung durch Pfarrer Fuhlrott. In den Grundstein wurde eine
Urkunde eingefügt, die die Geschichte des Ortes, der Schule und des Kirchenbaues
enthält. Der Grundstein befindet sich an der Südseile des Chores. Am 17.9.1896
war der Kirchenneubau schon soweit gediehen, dass das Dach gedeckt und der Turm
vollendet werden konnte. Es wurde das Richtfest (Turmfest) gefeiert. Unter den
Klängen einer Musikkapelle wurde der Turmknopf angebracht. Darüber befindet sich
eine Wetterfahne mit der Jahreszahl 1896. Am 15.1.1897 erhielt die Kirche zwei
neue Glocken, die auch Herr Gehrt schenkte.
Melchior Gehrt
starb am 4.2.1918. Sein Grabstein steht heute rechts neben dem Friedhofskreuz.
Im l. Weltkriege (1917) musste eine Glocke eingeschmolzen werden. In der Nacht
vom 27. auf den 28. April 1922 drangen Diebe an der rechten Altarseite in die
Kirche ein. Sie hatten den Tabernakel arg zugerichtet, konnten aber das
Allerheiligste nicht schänden. Im Herbst 1929 wurde um den Kirchenplatz ein
eisernes Gitter angelegt und ein goldenes Messgewand angeschafft. Als Ersatz für
die im ersten Weltkriege eingeschmolzene Glocke konnte 1930 von der Fa.
Schilling, Apolda, eine neue, 4 Zentner schwere Glocke erworben werden. Die
Inschrift lautet: „l.4.1930. In ernster sorgenschwerer Zeit dem Hl. Herzen Jesu
ward ich geweiht von der Gemeinde Fürstenhagen". 1933 wurde am Kirchturm eine
Kupferblechabdeckung vorgenommen. Im 2. Weltkriege mussten das Kupferblech des
Turmes sowie auch die größte Glocke für die Rüstung geopfert werden. Am 8. April
1945 (Weißer Sonntag) beschossen amerikanische Panzer Fürstenhagen, wobei auch
die Kirche getroffen wurde. 1958 konnte nach langen Verhandlungen für die im 2.
Weltkriege abgelieferte Glocke Ersatz beschafft werden. 1959/60 wurde eine
Sakristei an der Südseite der Kirche angebaut. Im Jahre 1961 wurde die Kirche
neu gestrichen und durch einen wertvollen, geschnitzten Kreuzweg vom Bildhauer
Georg Schröter, Görlitz (für fast 3.000 Mark) ausgeschmückt. Am l .10.1963 wurde
Lutter zur Pfarrei erhoben und Fürstenhagen wurde eine Filiale der Pfarrei
Kalteneber. In den Jahren 1992 bis 1995 wurden umfangreiche Sanierungsarbeiten
an und in der Kirche vorgenommen. Im August 1996 wurde in Fürstenhagen das 100.
Kirchweihfest groß gefeiert. Weit über 1000 Kirmesgäste hatten sich eingefunden,
um im
Festzelt, das neben dem als Parkplatz genutzten Fußballplatz aufgestellt war,
das Tanzbein zu schwingen. Am Sonntag, dem 18. August, feierte die Gemeinde
gemeinsam mit dem Bischof des Bistums Erfurt, Dr. Joachim Wanke, den
Festgottesdienst.
Der Friedhof
Bald nach der Gründung des
Ortes gingen die Bewohner daran, an geeigneter Stelle einen Friedhof anzulegen
und ihn würdig zu gestalten. Im Oktober 1832 wurde der Friedhof geweiht am
20.9.1861 erweitert. Es wurde auch ein schönes steinernes Kreuz beschafft. Im
Jahre 1932 stiftete Frau Hey für das Steinkreuz einen Christuskorpus. 1976 wurde
rings herum ein Betonsockel gezogen und ein gestrichener Staketenzaun
aufgestellt. 1979 wurde auf dem Friedhof eine kleine Leichenhalle errichtet. Bis
zur Fertigstellung der Leichenhalle mussten die Verstorbenen, wenn sie nicht im
Krankenhaus verstorben waren, zu Hause in der Wohnstube aufgebahrt werden, von
wo aus die Beerdigung erfolgte.
Backhaus
Das alte Backhaus in
Fürstenhagen
Da Fürstenhagen erst 1828
neu gegründet worden ist und die Bewohner nur kleine Höfe bewirtschafteten,
lohnte sich der Bau eines Backhauses nur, wenn man es für die wenigen Bewohner
gemeinsam betrieb.
Weil sich der Bau einer Kirche in den ersten Jahrzehnten nicht realisieren ließ,
haben die Bewohner des Ortes die bereits vorhandenen Sandsteine für den
Kirchenbau zur Errichtung eines Backhauses auf dem Anger verwendet. Der Bau
erfolgte nach 1862 in kurzer Zeit, da ein dringender Bedarf bestand.
Zum Heizen des Ofens schleppte man Hecken- oder Baumreisig sowie armstarke
Knüppel herbei. Das Feuer wurde in der Regel am Vortage am Ofeneingang
entzündet, um es dann mit einer Eisenstange in alle Teile des Ofens zu schicken,
solange, bis die Ofensteine eine grauweiße Färbung bekommen. Der gemauerte
Steinbackofen arbeitet mit gespeicherter Wärme, die während des Backens abfällt.
Etwa 300 Grad Celsius beträgt die Anfangstemperatur.
Die Frauen brachten den zu Laiben geformten Brotteig zum Backhaus um damit den
Ofen zu füllen.
Da das Brot eine längere Backzeit als der Kuchen benötigte, wurde Brot und
Kuchen stets getrennt gebacken.
Nach den Broten werden die Kuchen „eingeschossen". Wenn nur Kuchen gebacken
werden sollte, wurde der Ofen drei Stunden vorher angeheizt. Im Backhaus befand
sich rechts ein Eisengestell zur Ablage der Kuchenbleche und links eine Bank.
Hochbetrieb herrschte beim
Kuchenbacken im Backhaus vor den Feiertagen, den Namenstagen und der Kirmes.
Nach dem 2. Weltkriege, besonders nach der Gründung der LPG, wurden die privat
bewirtschafteten Ackerflächen genossenschaftlich genutzt, so dass den Bewohnern
keine ausreichende eigene Anbaufläche für Getreide zur Verfügung stand und sie
das Brotbacken einstellten.
Von Anfang der 50er Jahre bis Ende der 60er Jahre versorgte der Bäcker Werner
Günther aus Birkenfelde den Ort mit Brot, Brötchen und Backwaren. Nach der
Errichtung der Konsum-Großbäckerei 1973 in Heiligenstadt konnte man Brot, Kuchen
und auch Feinbackwaren in der hiesigen Konsum-Verkaufsstelle kaufen. Die
Romantik am alten Backofen ging verloren. Der Kuchen wurde jetzt im Elektroherd
bzw. in der Backröhre zu Hause gebacken. Das ausgediente Backhaus wurde nur noch
als Kohlenschuppen für die Konsum-Verkaufsstelle genutzt.
Um das alte Backhaus als Kulturgut der Nachwelt zu erhallten, hat sich die
Gemeinde Lutter bemüht, Fördermittel zu bekommen. So wurde in den Jahren 1994/95
das Dach neu eingedeckt, der Schornstein saniert und die Ofenklappe erneuert.
Der Fußboden der Backstube wurde mit Kalksteinen gepflastert und anderes mehr.
Das alte Backhaus wurde für 13.000 Mark instand gesetzt, wovon 80 Prozent der
Kosten von der Städtebauförderung getragen wurde. Für die Pflasterung des
Angerplatzes, an dem das Backhaus liegt, wurden vom Land Thüringen 67.000 Mark
Fördermittel bereitgestellt. Nach einem gelungenen Probelauf wurde anlässlich
der 100. Kirchweihfeier' am 17.8.1996 das rekonstruierte alte Backhaus mit dem
Backen des Kirmeskuchens „eingeweiht". Der Kirmeskuchen wurde an die Einwohner
und zahlreichen Gäste verkauft und mundete allen. So konnte eine alte Tradition
wiederbelebt werden.
Die Geschichte vom
Bahnhof in Fürstenhagen
Die Nebenstrecke
Heiligenstadt- Schwebda- Eschwege sollte der wirtschaftlichen Erschließung des
zurückgebliebenen südwestlichen Eichsfeldes dienen. Die Vorarbeiten zum Bau der
Kleinbahn begannen 1911. Das relativ schwierige Profil der Strecke stellte große
Anforderungen an die Trassierung der Eisenbahnlinie. Erhebliche Erdarbeiten in
Form von Auf- und Abträgen sowie eine Anzahl Brücken und Überführungen waren
erforderlich, um diese Strecke zu bauen. Die nicht aus Felsen bestehenden
Bodenarten neigten wegen der in ihnen vorhandenen Tonschichten zu Rutschungen,
was die Arbeiten erschwerte und verzögerte. Ostern 1912 begann der Bahnbau. In
Kalteneber waren allein 2.000 Arbeiter untergebracht. Zwischen dem Pferdebachtal
und Kalteneber, zwischen Fürstenhagen und Dieterode und zwischen Dieterode und
Krombach lagen Zahnstangenabschnitte (zweiteilige Zahnstangen zwischen den
Schienen) von zusammen 5 km. Die erheblichen Höhenunterschiede konnten damals
nur durch den Einbau von Zahnstangenabschnitten und den Einsatz von
Zahnradlokomotiven überwunden werden. Zur Anwendung kam das Abt'sche
Zahnradsystem, das die Kombination von Reibungs- und Zahnstangenabschnitten
erlaubte. Von Heiligenstadt aus (248 Meter über NN) steigt die Bahnstrecke
ununterbrochen bis Fürstenhagen auf 491 Meter und fällt bis zum Anschluss an die
Hauptbahn vor dem Bahnhof Schwebda bis auf 210 Meter über NN. Die Gesamtstrecke
wurde am l .10.1914 dem Verkehr übergeben, jedoch ohne größere Feierlichkeiten,
da inzwischen der l. Weltkrieg ausgebrochen war. Die Kosten des Bahnbaues
betrugen 6.415.000 Mark. Die Freude in Fürstenhagen war groß, weil der kleine
Ort jetzt einen Bahnhof besaß und eine Holzverladestelle für die Papierfabrik
Lovis in Heiligenstadt.
Die zulässige Geschwindigkeit der Züge betrug 40 km/h. Auf den Abschnitten
Pferdebachtal-Kalteneber, Fürstenhagen-Krombach nur 20 km/h. Die
Weichenbedienung auf den Bahnhöfen erfolgte durch den Zugführer.
Zur Wasserversorgung der Dampflokomotiven wurde in Fürstenhagen ein
Bahnwasserwerk errichtet. Das Bahnwasserwerk (ein 19 Meter hoher Turm) bestand
aus einem viereckigen 25 m3 fassenden Wasserbehälter und einen
Wasserkran. Das Bahnwasserwerk wurde am 20.1.1916 in Betrieb genommen. Das
erforderliche Wasser wurde von der Wasserleitung Fürstenhagen durch eine
Abzweigung der Druckleitung zum 20 Meter höher liegenden Bahnwasserbehälter
bereitgestellt. Im Jahre 1920 wurden die Zahnstangenabschnitte zwischen dem
Pferdebachtal und Krombach ausgebaut. Durch den Einsatz stärkerer Lokomotiven
der Baureihe T 16 war es möglich, die gesamte Strecke als Reibungsbahn zu
betreiben. Die „Bimmelbahn" besaß eine Vollspur (Normalspur 1455 mm). In den
Jahren 1926/27 wurden die Bahnhöfe an das örtliche Stromnetz, angeschlossen und
bekamen elektrische Anlagen. Die Öl- bzw. Petroleumbeleuchtung wurde
abgeschafft.
Die Bahnlinie Heiligenstadt-Schwebda konnte im Oktober 1939, zu Beginn des 2.
Weltkrieges, auf ihr 25-jähriges Bestehen zurückblicken. Der Zugverkehr war
relativ dürftig, 1914 verkehrten 3 Zugpaare. 1929 täglich 3 Zugpaare und
werktags zusätzlich ein Zugpaar zwischen Ershausen und Eschwege. Zwischen
Großtöpfer und Schwebda benutzte die Strecke den Frieda-Tunnel und den
Frieda-Viadukt gemeinsam mit der Strecke Leinefelde-Geismar-Schwebda, jedoch auf
einem eigenen Gleis. Die Benutzung des Frieda-Tunnels (1066 m lang, 1876-78
gebaut, 1989 verfüllt) und des Frieda-Viadukts auf einem separaten Gleis war
möglich, weil die „Kanonenbahn" ursprünglich zweigleisig gebaut worden war.1944
verkehrten werktags 3 Zugpaare und ein weiteres zwischen Ershausen und Eschwege,
sonntags nur ein Zugpaar. Am 9.11.1944 griff ein amerikanischer Tiefflieger
einen Personenzug zwischen Ershausen und Krombach an. Bei dem Beschuss wurden 10
Reisende und der Lokomotivführer getötet und etwa 30 Personen zum Teil schwer
verletzt. Am 2.4.1945 sprengte die deutsche Wehrmacht den Frieda-Viadukt. Von
diesem Tag an blieb die Strecke unterbrochen und außer Betrieb. Bei
Kriegshandlungen wurde am Weißen Sonntag 1945 der Bahnhof Fürstenhagen durch
amerikanischen Beschuss beschädigt. Die ab 1.7.1945 in der Sowjetischen
Besatzungszone liegende Reststrecke Heiligenstadt-Großtöpfer kam zur
Reichsbahndirektion Erfurt. Auf Drängen der sowjetischen Kreiskommandantur in
Heiligenstadt wurde auf der Reststrecke am 23.7.1945 der Zugbetrieb wieder
aufgenommen. Ab 1946 bis zur Betriebseinstellung verkehrten täglich 2 Zugpaare
zwischen Heiligenstadt und Großtöpfer.
Auf Anordnung der Sowjetischen Militäradministration wurde im Juni/Juli 1947 mit
dem Rückbau der Strecke zwischen Heiligenstadt (Papierfabrik) und Großtöpfer
begonnen Die Reststrecke vom Bahnhof in Heiligenstadt bis zur .Papierfabrik
blieb für den Güterverkehr erhalten. Erst Jahre später wurden die Schwellen (in
den Bahnhöfen Holzschwellen und auf freier Strecke Eisenschwellen), die
Nebengleise in den engen Kurven und zum Teil der Schotter entfernt. Ein Großteil
der tiefen Einschnitte wurden mit Bauschutt und Müll aufgefüllt und Brücken
sowie Teile des Bahndammes beseitigt. Die noch vorhandenen zusammenhängenden
Reststrecken des ehemaligen „Bimmelbähnchens" dienen jetzt als Feldwege für die
Landwirtschaft und sind auch als idyllische Wanderwege zu empfehlen. Im Jahre
1971 wurde die Besetzung des Ost-Bahnhofs in Heiligenstadt aufgehoben. Etwa 30
Eisenbahnfreunde haben hier seit 1983 ihr Domizil aufgeschlagen. Bereits 1978
wurde die Arbeitsgemeinschaft des Deutschen Modelleisenbahn Verbandes gegründet
und am 1.1.1991 der Heiligenstädter Eisenbahnverein e.V.. Zum Fahrzeugpark
gehören heute u.a. eine Dampflokomotive T 16, wie sie auf der Kleinbahnstrecke
verkehrten, eine Diesellok VI 0 und V 60 sowie ein Rottenwagen, Packwagen,
Bahnpostwagen und Büfettwagen. Nach der Wende 1989/90 wurde auch der
Gleisanschluss zur Papierfabrik stillgelegt. Somit ist ein Stück
Eisenbahngeschichte auf dem Eichsfeld endgültig zu Ende. Der Bahnhof
Fürstenhagen wurde von der Reichsbahn seit der Stillegung 1947 bis 1970 als
Wohnung vermietet. Der ehemalige Wasserturm wurde dem Verfall preisgegeben. Von
1972 bis zum l .7.1990 wurde das Bahnhofsgebäude als Schulungszentrum für die
Landwirtschaft vom Agro-Chemischen Zentrum (ACZ) Heiligenstadt genutzt. Als
Angestellte war Rita Kulle hier tätig. Im Jahre 1991 wurde der Bahnhof vom Land
Thüringen gekauft. Am 1.11.1992 zog die Verwaltung des Naturparks „Eichsfeld-Hainich-Werratal"
in das Gebäude ein. Das Gelände des ehemaligen Bahnhofs Fürstenhagen wurde 1995
aus der Gemarkung Dieterode herausgelöst und der Gemeinde Lutter übertragen. Für
die Gemeinde Lutter/Fürstenhagen kann es sehr vorteilhaft sein, dass die
Naturparkverwaltung ihren Sitz hier gefunden hat, zumal der Natur- und
Umweltschutz und auch der Tourismus in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.
Naturparkverwaltung:
Eichsfeld-Hainich-Werratal
Im Jahre 1991 wurde der
Bahnhof vom Land Thüringen gekauft. Am 1.11.1992 zog die Verwaltung des
Naturparks „Eichsfeld-Hainich-Werratal" in das Gebäude ein. Das Gelände des
ehemaligen Bahnhofs Fürstenhagen wurde 1995 aus der Gemarkung Dieterode
herausgelöst und der Gemeinde Lutter übertragen. Sie wird vom Mitbegründer der
Naturparkidee, dem Biologen Dr. Johannes Hager, geleitet. Nachdem 1995 der
denkmalgeschützte Wasserturm umgebaut, mit frischer Farbe und neuen Fenstern
versehen worden ist, wurde hierin ein Informationszentrum eingerichtet.
Am 18.9.1996 erfolgte die
Eröffnung des Besucher- und Informationszentrums der Naturparkverwaltung durch
den Thüringer Minister für Landwirtschaft, Natur und Umwelt, Dr. Volker Sklenar.
Weithin sichtbar reckt sich
der Alte Wasserturm
am Naturpark-Zentrum Fürstenhagen in den Himmel. Auf vier Etagen werden die
Landschaften der Region und das Konzept des Naturparks vorgestellt. Der 20 Meter
hohe Turm bietet eine schöne Aussicht über die Plateaulandschaft der Eichsfelder
Höhe bis hin zum Harz. Jährlich lassen sich mehr als 5.000 Gäste vom
Naturpark-Zentrum, der Ausstellung im Turm und dem Erlebnisgelände (mit
Kräuter-, Tast- und Duftgarten, Walderlebnis-Pfad, Teich) sowie von den
Führungen begeistern. Für viele ist der Alte Wasserturm Ziel eines
Wochenendausfluges: 2/3 aller Besucher kommen am Wochenende. Im Herbst 2000
wurde hier ein Kiosk
eröffnet. Dadurch ist auch für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt.
Zusammen mit der Gemeinde
Dieterode hat die Naturparkverwaltung 1995 einen gut ausgeschilderten
Naturlehrpfad vom Bahnhof Fürstenhagen, entlang des Bahndammes in Richtung
Dieterode, über den Bahnhof Dieterode hinaus bis auf den Hühneberg, von dort
hinauf auf die Dieteröder Klippen und dann weiter entlang des Bahndammes
Kalteneber-Fürstenhagen bis zum Bahnhof angelegt. Zu besichtigen sind
verschiedene Vegetationsformen auf dem um 500 Meter über NN befindlichen Plateau
und ein Stück urwüchsiger Wald. Ein zweiter Lehrpfad führt seit 1996 in den
Eibenwald im Lengenberg.
Was versteht man unter dem Naturpark
Eichsfeld-Hainich-Werratal?
Der Naturpark »Eichsfeld-Hainich-Werratal«
umfasst ein Gebiet von ca. 865 km2 und erstreckt sich zwischen den
Städten Heiligenstadt, Mühlhausen, Bad Langensalza, Eisenach und Eschwege.
Der Naturpark verdankt
seine Existenz der besonderen landschaftlichen Schönheit und Naturausstattung,
die sich uns in seinen drei Landschaftsräumen - Eichsfeld, Hainich und Werratal
- ganz unterschiedlich präsentiert. Das Gebiet ist daher vor allem für die
Erholung geeignet. Das Ziel des Naturparkkonzeptes ist es, wirtschaftliche
Entwicklung, Erholung und Naturschutz zu einem harmonischen Miteinander zu
führen.
Was will der Naturpark?
Er will...
- durch unsere
Arbeit einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität der Menschen
leisten,
- umweltschonende
Nutzungen anregen und unterstützen,
- Alternativen
aufzeigen, die eine Balance zwischen wirtschaftlichem Erfolg und intakten
Lebensräumen gewährleisten,
- unsere Regionen
durch die Ansiedlung von wirtschaftlich erfolgreich und umweltschonend
arbeitenden Betrieben stärken und zu Regionen mit guten und gesunden Lebens
und Arbeitsbedingungen entwickeln,
- dazu beitragen,
dass Ziele des Natur- und Landschaftsschutzes zu einem selbstverständlichen
Bestandteil der privaten und öffentlichen Handlungen werden,
- zur Erhaltung
eigenständiger Regionen mit unverwechselbaren Landschaften und den
geeigneten Landnutzungen, zu kultureller Identität und damit auch zur
Bewahrung von Heimat beitragen,
- Besonderheiten
der Region wirtschaftlich in Wert setzen, z. B. durch die Förderung
regionaler Produkte, regionaler Wirtschaftsweisen und hochwertiger,
eigenständiger Erzeugnisse sowie touristischer Angebote,
- ländliche Räume
lebenswert erhalten und entwickeln,
- zum Schutz der
Tier- und Pflanzenwelt sowie zur Erhaltung und Entwicklung der Lebensräume
beitragen und dadurch die genetische Vielfalt für zukünftige Generationen
erhalten,
- dazu beitragen,
dass geeignete Räume für unterschiedliche Nutzungsansprüche entwickelt
werden.
Was
bietet der Naturpark?
- naturkundliche
Führungen (auf Voranmeldung) durch ausgebildete Naturführer
-
Naturerlebnispfade
- Besucher- und
Informationszentrum in Fürstenhagen
- Fachberatung zu
Fragen des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Arten- und
Biotopschutzes und der Regionalentwicklung
- Naturerleben für
Kinder und Jugendliche: Es werden regelmäßig Naturerlebnis- und
Umweltbildungsprogramme mit Schulklassen durchgeführt. Der Naturpark hat
eine Mappe für Lehrer als Material zur Vorbereitung und Durchführung ihrer
Schulstunden zur Verfügung gestellt
- viele Faltblätter,
Informationstafeln
Besonderer Wert wird auf
die Zusammenarbeit in der Region gelegt. Die Naturpark-Verwaltung bringt
Anregungen, sitzt mit Gemeinden, Betrieben, Land- und Forstwirtschaft,
Touristikern
und anderen am „runden Tisch
". Sie führt selbst Projekte zur
Förderung „ihrer" Region
durch.
Warum brauchen wir einen
Naturpark?
Wir wollen in einer Welt
leben, in der wirtschaftlicher Erfolg, Erholungswert und Umweltqualität in einem
ausbalancierten Verhältnis stehen. Die Erhaltung und Gestaltung attraktiver
Lebens- und Erholungsräume, als „Schatzkammer" für uns und die folgenden
Generationen, ist eine besonders wichtige Aufgabe. Vielleicht ist es sogar die
Aufgabe, an der unsere Kinder die Erfolge aller unserer Arbeit letztlich messen
werden.
Besucher- und
Informationszentrum Dorfstraße 19; 37318 Fürstenhagen/Thüringen; Tel.:
036083/4663~ Fax:036083/46641
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